Mareike Neumann

Ich animiere Andere, mal einen Urlaub auf dem Rad zu machen, statt in die Ferne zu fliegen

Steckbrief

Aktueller Beruf / Position:
Geigerin, Beethoven Orchester Bonn
Kurzbiografie:
Geigenstudium in Frankfurt und Detmold bei Walter Forchert, Elisabeth Kufferath und Ulrike-Anima Mathé, Nebenfach Barockgeige bei Petra Müllejans. Mitglied im Ensemble Horizonte Detmold für Neue Musik seit 2007. Orchesterengagements im Philharmonischen Staatsorchester Hamburg und Opern-und Museumsorchester Frankfurt. Seit 2011 Mitglied im Beethoven Orchester Bonn. Zahlreiche Auftritte und Konzerte mit Kammermusikensembles im In-und Ausland. Mitbegründerin und Initiatorin von „Bach by Bike“, musikalische Fahrradtouren entlang der Lebensstätten von Johann Sebastian Bach.

Interview

von Auli Eberle

 

1. Hat Nachhaltigkeit in Deinem Leben schon immer eine Rolle gespielt oder gab es den berühmten Change?

Ich bin seit meiner Kindheit davon geprägt, auf die Umwelt zu achten. Als ca. Zehnjährige  habe ich mit zwei Freunden die "Organisation für Natur-und Kinderschutz" gegründet. Hier haben wir fleissig Unterschriften gegen den Neubau einer Stadtentlastungsstraße mitten durch ein Naturschutzgebiet meiner Stadt gesammelt (die bis heute auch nicht gebaut wurde!). Wir haben unsere Straße mit selbstgemalten Schildern zur Spielstraße erklärt und auf einem nahegelegenen unbebauten Stück Land Gemüse angepflanzt.
 

2. Wie war deine erste Begegnung mit Orchester des Wandels?

Der Cellist Jan Bauer, Vorstandsmitglied von Orchester des Wandels und ein Freund aus Studienzeiten, rief mich im Corona-Frühjahr 2020 an, als ich gerade in der Sonne am Rheinufer saß. Er erzählte mir von der gerade neu gegründeten Initiative und fragte, ob nicht auch das Beethovenorchester Mitglied werden wolle. Ich war sofort begeistert von der Idee und außerdem recht frisch im Orchestervorstand, so konnte ich gleich meinen Vorstandskollegen davon berichten und dafür in Bonn werben.
 

3. Wie seid ihr als Team in Sachen Nachhaltigkeit in eurem Orchester, eurem Haus strukturiert?

Wir haben, nachdem wir im Januar 2020 Mitglied bei Orchester des Wandels geworden sind, nun eine Gruppe aus sieben Mitgliedern des Orchesters gegründet, die sich Gedanken macht, Aktionen plant und Ansprechpartner für das Thema ist. Die Gruppe sprudelt schon vor Ideen, das freut mich sehr!
 

4. Welche Aktivitäten plant ihr mit eurem Orchester in der nächsten Zeit?

Wir planen ein "Waldwandel-Konzert" in unserem wunderschönen Kottenforst an der Waldau, bei dem auch das "Haus der Natur" einbezogen wird. Es gibt Informationen über das Wald-Sterben, die Musik und die Instrumente, außerdem Anregungen, was jeder Einzelne konkret tun kann. Weitere Ideen, wie ein Live-Konzert mit der Filmmusik zu einem Film zum Thema Klimawandel, ein Projekt am Hambacher Forst, Bäume-Pflanzen am Vorplatz der Oper und vieles mehr. Außerdem wollen wir als Orchester bei Aktionen wie "mit dem Rad zur Arbeit" vom ADFC teilnehmen.
 

5. Wo siehst du das größte Potential für Klimaschutz-Maßnahmen in der Orchester- und Theaterlandschaft?

Wir können als Multiplikatoren dienen und unser Publikum auch durch Konzerte und Produktionen für das Thema sensibilisieren und animieren, sich auch zu engagieren. Natürlich wäre es toll, in unserem Verhalten Vorbild zu sein.
 

6. An welchen Punkten stößt du, stößt dein Orchester oder Theater an Grenzen in der Nachhaltigkeit und wie löst ihr diese Herausforderung?

Ein Punkt sind sicher Tourneen und die Frage, wie und ob internationale Tourneen heute noch guten Gewissens durchführbar sind. Diese gar nicht mehr stattfinden zu lassen, wäre wiederum schade im Sinne der Kultur-und Völkerverständigung, aber wir denken, wenn wir schon fliegen, sollte das auf keinen Fall nur für wenige Tage sein, sondern immer auch mit einem nachhaltigen und sozialen kulturellen Projekt im Land verknüpft.
 

7. Wie hat sich das Nachdenken über Klimaschutz an eurem Orchester, eurem Haus verändert?

Wir sind ja erst recht frisch dabei, aber ich denke, dass die Mitgliedschaft bei Orchester des Wandels und auch unser neuer Titel "UNO-Klimabotschafter" in vielen Köpfen zum Nachdenken anregt und das Thema so präsenter wird. Auch Kleinigkeiten im Handeln jedes Einzelnen bewegen bekanntlich ja schon viel.
 

8. Was möchtest du jungen Menschen in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz mit auf den Weg geben?

Ich hoffe sehr, dass die wunderbare Erde für Euch und die kommenden Generationen noch lebenswert bleiben und sich die Natur wieder erholen kann. Lasst uns nicht aufhören, uns gemeinsam dafür zu engagieren. Wir müssen lernen, auf gewissen gewohnten Luxus zu verzichten; dies öffnet uns die Tore für anderen Luxus, z.B. auf dem Weg zur Arbeit mit dem Rad oder zu Fuß schon die tägliche Sporteinheit an der frischen Luft geschenkt zu bekommen!
 

9. Inspiriere uns – wie gestaltest du dein Arbeits- und dein Privatleben umweltschonend?

Ich besitze kein Auto, mache alles am liebsten mit dem Rad und weitere Fahrten mit der Bahn. In meinem Urlaub mache ich seit Jahren immer Radtouren, ganz klimaneutral, in Deutschland oder im nahen Ausland drumherum, es gibt auch hier so viel zu entdecken, Europa ist so wunderbar! Ich leite die musikalischen Fahrradtouren „Bach by Bike“ entlang der Lebensorte von Johann Sebastian Bach und animiere so auch Andere, mal einen Urlaub auf dem Rad zu machen, statt in die Ferne zu fliegen. Ich kaufe am liebsten regionale Bio-Produkte, z.B. auf dem schönen Bonner Öko-Markt, lebe grundsätzlich eher vegetarisch und bin bei der Organisation "foodsharing" dabei, die hilft, Lebensmittel zu retten.
 

10. Was treibt Dich an?

Ich liebe unsere wunderbare Erde und Natur wirklich sehr und erlebe hier die wahrscheinlich glücklichsten Momente im Leben. Es ist sehr traurig und erschreckend mit anzusehen, was mit der Natur-und Tierwelt gerade geschieht–das motiviert natürlich, sich für den Natur-und Klimaschutz einzusetzen!

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