Heinrich Gölzenleuchter

Gemacht werden muss eh was. Lasst es uns gemeinsam angehen."

Steckbrief

Aktueller Beruf / Position:
Bassposaunist, Badische Staatskapelle Karlsruhe
Kurzbiografie: 
Heinrich Gölzenleuchter ist aufgewachsen in Limburg an der Lahn. Sein Studium absolvierte er an der Hochschule für Musik Würzburg und an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Im Anschluss war er Mitglied des Bundesjugendorchesters, der Jungen Deutschen Philharmonie und des Schleswig-Holstein Festival Orchesters (1990). Nach Einsätzen am Theater Bremen und an der Hamburgischen Staatsoper ist er seit 1993 Bassposaunist der Badischen Staatskapelle Karlsruhe. Seit 1990 ist Heinrich Gölzenleuchter Mitglied des Blechbläserensembles BACHBLECH&BLUES.

Interview

von Auli Eberle

 

1. Hat Nachhaltigkeit in deinem Leben schon immer eine Rolle gespielt, oder gab es den berühmten Change?

Fauna und Flora haben mich schon immer interessiert, ohne dass ich, das muss ich zu meiner Schande gestehen, sonderlich aktiv in Sachen Naturschutz gewesen wäre. In meiner Jugend waren Themen wie der saure Regen, das Ozonloch und natürlich schon damals die Diskussion um Atomkraft aktuell. Später war ich einige Jahre Mitglied der Umweltschutzorganisation Greenpeace.

 

2. Wie war deine erste Begegnung mit Orchester des Wandels?

Der Vorstand von Orchester des Wandels ist auf mein Orchester zugekommen und hat den Verein auf einer Onlineorchesterversammlung sehr engagiert und motivierend vorgestellt. Das hat das Interesse meiner Kolleg:innen geweckt und sehr schnell zu einem Beitritt der Badischen Staatskapelle geführt.

 

3. Wie seid ihr als Team in Sachen Nachhaltigkeit in eurem Orchester, eurem Haus strukturiert?

Schon bevor wir Orchester des Wandels beigetreten sind, gab es eine Nachhaltigkeits-AG am Badischen Staatstheater. Wir haben die beiden Initiativen zusammengeführt und sind jetzt gemeinsam in Sachen Nachhaltigkeit aktiv.

 

4. Welche Aktivitäten plant ihr mit eurem Orchester in der nächsten Zeit?

Anfang April 2023 wird es ein Kammerkonzert zum Thema Wasser geben und Ende des Monats zwei Nachhaltigkeitstage rund um unser Sinfoniekonzert. Im Konzert spielen wir unter anderem die Alpensinfonie von Richard Strauss. Die Tage sind eine Gemeinschaftsproduktion des gesamten Hauses mit Orchester des Wandels sowie dem Projekt TRIANGEL Open Space im Auftrag des Karlsruher Instituts für Technologie, einem  Ort der Wissenschaftsvermittlung und Vernetzung. Wir planen zwei Tage mit Musik und Wissensvermittlung unter Beteiligung von „Save the World“ und der Helmholtz Klimainitiative mit Vorträgen, begleitendem Kinderprogramm (KIT Klimamonster), Kammermusik und Austausch in geselliger Runde nach den Veranstaltungen.

 

5. Wo siehst du das größte Potential für Klimaschutz-Maßnahmen in der Orchester- und Theaterlandschaft?

Kurzfristig liegt das größte Potenzial wohl in der Anfahrt von Belegschaft und Publikum. Bei uns gibt es eine Zusammenarbeit mit dem ÖPNV. An- und Abreiseticket sind in der Eintrittskarte enthalten. Allerdings beginnen bei uns viele Vorstellungen erst um 20 Uhr, was die Abreise mit der Bahn schwierig macht.

Aktuell wird das Badische Staatstheater erweitert und saniert. Das Ganze findet im laufenden Betrieb statt und zieht sich deshalb auf mindestens 12 Jahre. Die Planungsphase startete bevor die Diskussion um nachhaltiges Bauen richtig Fahrt aufgenommen hat. Deshalb werden die Mindeststandards für die energetische Sanierung eingehalten, aber auch nicht mehr. Wohlwissend, dass Architekten und alle beteiligten Gewerke sagen, jetzt seien Änderungen nicht mehr möglich, oder zu teuer, würde ich mir wünschen, dass unsere Planung noch einmal aufgerollt wird. Für alle Theater, deren Sanierung oder ein Neubau noch bevorsteht, hoffe ich auf energetisch langfristig sinnvolle Konzepte, die nicht nach kurzer Zeit nachgebessert werden müssen, um die angestrebte Klimaneutralität zu erreichen.

Neben baulichen Aspekten sollte die Reisetätigkeit von Orchestern und Solistenbestmöglich organisiert werden, um unnötige Wege zu vermeiden.

 

6. An welchen Punkten stößt du, stößt dein Orchester oder Theater an Grenzen in der Nachhaltigkeit und wie löst ihr diese Herausforderung?

Da wir im Orchester keinerlei Entscheidungsgewalt haben, können wir nur auf Probleme und Lösungsansätze aufmerksam machen. Die Unterstützung durch die Leitungsebene des Hauses, aber auch der gesamten Belegschaft, ist unabdingbar, um Dinge langfristig sinnvoll zu ändern. Die größte Herausforderung ist meiner Meinung nach, die intrinsische Motivation herzustellen und Nachhaltigkeit als Gemeinschaftsaufgabe zu etablieren.

 

7. Wie hat sich das Nachdenken über Klimaschutz an eurem Orchester, eurem Haus verändert?

Das Thema ist ja mittlerweile in aller Munde und die Tatsache, dass sich unser Orchester die letzten Jahre deutlich verjüngt hat, tut ihr Übriges. Zu den Kolleg:innen die sich schon länger für das Thema interessiert und engagiert haben, kommt eine Generation, die mit diesem Thema aufgewachsen ist und die ein anderes Selbstverständnis bezüglich des Engagements dafür hat.

Von der Landesregierung Baden-Württemberg gibt es einen Green Culture Leitfaden. Jetzt ist es an der Zeit, diesen Absichtserklärungen konkrete Umsetzungen folgen zu lassen. Hier gibt es erste Initiativen. Eine Kollegin der Schauspielleitung wird sich beim Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit zur Transformationsmanagerin ausbilden lassen.

 

8. Was möchtest du jungen Menschen in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz mit auf den Weg geben?

Ich denke nicht, dass wir den jungen Menschen etwas mit auf den Weg geben müssen. Sie waren und sind es, die die Diskussion erst in den Fokus gerückt haben. Sie geben uns mit, dass es höchste Zeit ist wirklich etwas zu verändern.

 

9. Inspiriere uns – wie gestaltest du dein Arbeits- und dein Privatleben umweltschonend?

Meine Frau und ich haben uns schon vor 20 Jahren dazu entschieden, in der Stadt zu wohnen, in der wir arbeiten. Karlsruhe ist, wenn auch mit Luft nach oben, eine fahrradfreundliche Stadt. Wir haben den Großteil unserer Wege mit Fahrrad plus Kinderanhänger und später mit einem Tandem erledigt. Ins Theater kann ich mit dem Rad fahren. Seit 2004 sind wir Mitglied bei dem Carsharing-Anbieter Stadtmobil und ich hatte auch davor nur einige Jahre ein eigenes Auto. Hierzu muss ich sagen, dass ich es eher als Luxus empfinde, mich nicht um die Probleme wie Parkplatzsuche, Werkstatt, Versicherung etc. kümmern zu müssen.

Seit ein paar Jahren sind wir Genossenschaftsmitglieder des Füllhorn Biomarktes. Regional sehr gut vernetzt, bietet der Markt ein gutes Angebot und ein hochmotiviertes, fachkundiges Team. Das Füllhorn hat übrigens auch schon für das Aufforstungsprojekt von Orchester des Wandels im Masoala Nationalpark gespendet.

Karlsruhe ist so übersichtlich, dass sich Menschen mit ähnlichen Interessen in Bezug auf Klima- und Artenschutz zwangsläufig über den Weg laufen und gemeinsam etwas in Bewegung setzen können. Was das angeht, ist Karlsruhe im besten Sinne Kleinstadt.

Uns ist bewusst, dass man sich diesen Lebensstil leisten können muss. Gerade in der aktuell angespannten Wohnungssituation und angesichts der Tatsache, dass alles teurer wird, wissen wir unser Glück zu schätzen, so leben zu können.

 

10. Was treibt Dich an?

Das Gefühl etwas tun zu müssen und mit Orchester des Wandels einen Weg gefunden zu haben, auch auf gesellschaftlicher Ebene etwas bewegen zu können. 

 

11. Von welcher Positiv-Schlagzeile aus der Orchester- und Theaterlandschaft zum Thema Umweltschutz träumst Du?

Die Theater und Konzerthäuser sind klimaneutral. Oder: die gesamte Dachfläche deutscher Theater und Konzerthäuser sind mit Solartechnik jedweder Art bestückt.

 

12. Verrätst du uns dein ganz persönliches Nachhaltigkeits-Motto/deinen Klimaschutz-Leitsatz?

Gemacht werden muss eh was. Also lasst es uns gemeinsam angehen.

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