Veronika Zucker

„Nicht überlegen, wie man konsumiert, sondern ob man auch auf dies oder jenes verzichten kann“

Steckbrief

Aktueller Beruf / Position:
Cellistin, Staatsphilharmonie Nürnberg
Kurzbiografie:
Veronika Zucker ist in der Schweiz geboren und hat mit 9 Jahren angefangen Cello zu spielen. Mit 13 Jahren hatte sie das erste Mal Angst um die Gesundheit und das Gleichgewicht unseres Planeten und wollte Umweltschützerin werden. Nach dem Abitur absolvierte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester in Heidelberg. Während der Ausbildung merkte sie, dass doch die Musik zu ihrem Leben gehört und studierte Cello in Weimar. Nun freut sie sich, dass wiederum die Musik ein Engagement für die Umwelt nicht ausschließt.

Interview

von Auli Eberle

 

1. Hat Nachhaltigkeit in Deinem Leben schon immer eine Rolle gespielt oder gab es den berühmten Change? 

Nachhaltigkeit oder zumindest ein Bewusstsein für ökologische und soziale Zusammenhänge habe ich tatsächlich schon seit meiner Kindheit vorgelebt bekommen. Meine Mutter kommt von einem großen biologisch-dynamischen Hof in Norddeutschland und beschäftigt sich bis heute intensiv ehrenamtlich mit ökologischen Zusammenhängen. Es war gewissermaßen unreflektierte Normalität bis ich eigene Kinder bekommen habe und anfing mich viel bewusster mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Allerdings würde ich nicht sagen, dass ich nun ein völlig sündenfreies ökologisches Leben führe. Da habe ich leider auch so meine Schwächen, aber die bewusste Auseinandersetzung macht auch Spaß und lässt mich immer wieder von neuem aufwachen an bestimmten Erkenntnissen.

 

2. Wie war deine erste Begegnung mit Orchester des Wandels? 

Wir sind tatsächlich erst im Januar 2021 während der Bilanzierung der Staatsphilharmonie Nürnberg und der Recherche rund um Kultur und Nachhaltigkeit auf das Orchester des Wandels gestoßen. Zeitgleich habe ich von Musikerkollegen den Hinweis bekommen, dass dieser Verein besteht. Es war dann eine logische Konsequenz, dass wir mit unseren Bestrebungen gut in diesen Kontext passen. Nach einem wunderbaren und inspirierenden Gespräch mit Magdalena Ernst war dann klar, dass wir eine Teilnahme anstreben möchten.

 

3. Wie seid ihr als Team in Sachen Nachhaltigkeit in eurem Orchester, eurem Haus strukturiert? 

Bis jetzt sind wir ein kleines Team von vier Leuten, die sich aus dem Orchester formiert haben. Aber nicht mit einem offiziellen Aufruf, sondern es ist einfach so entstanden. Mein sehr engagierter Kollege, Martin Möhler, fing einfach mal in einem komplizierten Verfahren an, unser Orchester zu bilanzieren. Bald gesellten sich dann drei weitere Kollegen dazu und so formierte sich unsere „Phil-CO2 Gruppe“. Es ist quasi eine bottom up Initiative, die nun nach vollendeter Bilanzierung durch eine Abstimmung mit überwältigender Mehrheit das Orchester hinter sich hat für den weiteren Weg. Auch sind nun unsere Dirigentin, der Förderverein, das Orchestermanagement, die Presseabteilung und die Leitung informiert und ins Boot geholt. Denn nur mit deren Unterstützung werden wir wirklich effektiv handlungsfähig.

 

4. Welche Aktivitäten plant ihr mit eurem Orchester in der nächsten Zeit?

Unser erster Schritt nach der Bilanzierung wird nun die konkrete CO2-Kompensation sein. Hierzu haben wir uns zu einem Kompensationsmix von vier ökologischen Projekten entschieden. Eine kleine Aufforstungsinitiative direkt bei Nürnberg, die Wiedervernässung von Mooren in Schleswig-Holstein, einen Fonds zur Förderung von Bodenfruchtbarkeit, und rauchfreie Öfen in Nepal. Drei Projekte binden CO2 und das Ofenprojekt verringert den Holzverbrauch beim Kochen und vermeidet dadurch bis zu 50% der Emissionen. Noch in diesem Sommer planen wir ein Konzertprojekt auf dem Acker in Kooperation mit unserem Kompensationspartner, dem Bodenfruchtbarkeitsfonds. Ich hoffe, dass es tatsächlich etwas wird und die Planung oder Corona uns keinen Strich durch die Rechnung machen. Auch mit unserem Aufforstungs-Kompensationspartner bei Nürnberg planen wir möglichst noch in diesem Sommer eine Baumpflanzaktion mit den Musikern.

 

5. Wo siehst du das größte Potential für Klimaschutz-Maßnahmen in der Orchester- und Theaterlandschaft?

Ich glaube das größte Potential ist, dass wir gewissermaßen Multiplikatoren für ein Thema sein können. Über das Publikum und die Öffentlichkeit haben wir einen wirksamen Hebel, um viele Menschen zu erreichen. Einfach nur, indem wir das Thema Umwelt hausintern ins Gespräch bringen und auch als Musiker praktisch und kreativ in Verbindung mit Musik bewegen und nach außen kommunizieren.

 

6. An welchen Punkten stößt du, stößt dein Orchester oder Theater an Grenzen in der Nachhaltigkeit und wie löst ihr diese Herausforderung?

Im Moment stoßen wir noch nicht an Grenzen, da wir ja gerade erst in den Startlöchern stehen. Da überwiegt noch die Aufbruchsstimmung. Aber ich bin sicher, dass wir uns bald mit Grenzen beschäftigen müssen. Die größte Herausforderung und der effektivste Hebel wird die anstehende Sanierung unseres Opernhauses sein. Wenn diese unter wirklich zukünftigen ökologisch-nachhaltigen Gesichtspunkten umgesetzt werden kann, wäre das ein unglaublich starkes Zeichen, welches nach außen strahlen würde. In diesem Thema stoßen wir sicher noch an einige Grenzen.

 

7. Wie hat sich das Nachdenken über Klimaschutz an eurem Orchester, eurem Haus verändert?

Wie gesagt, es fängt gerade erst ein Austausch darüber an. Wir bekommen alle möglichen Reaktionen, von konstruktiven Vorschlägen bis hin zu kritischen Nachfragen, die auch sehr wichtig sind für diesen Prozess..

 

8. Was möchtest du jungen Menschen in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz mit auf den Weg geben? 

Die jungen Menschen setzen sich gerade sehr aktiv für ihre Zukunft ein und ich denke, dass wir umgekehrt eher von deren Kraft und Schwung profitieren können.

 

9. Inspiriere uns – wie gestaltest du dein Arbeits- und dein Privatleben umweltschonend?

Gerade bin ich dabei, meine Spül-, Wasch- und Putzmittel selber herzustellen. Da gibt es schon tolle Anleitungen und Ideen. Man braucht nur fünf Basiszutaten und schont dadurch das Wasser und die Umwelt. Außerdem habe ich gerade komplett auf Körperseifen und Shampoo aus dem Unverpackt- Laden umgestellt. Mir ist aber wichtig zu betonen, dass ich natürlich an anderer Stelle noch sehr blinde Flecken habe. Es gibt immer eine Ecke an der man anfängt und das geht auch nie von jetzt auf gleich.

 

10. Was treibt Dich an?

Der Respekt und die Verantwortung vor unserem wunderbaren erhaltenswerten Ökosystem, welches wir schon an so vielen Stellen aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Außerdem wünsche ich mir auch für meine Kinder eine lebenswerte Zukunft. Zumindest möchte ich nicht untätig gewesen sein an den Punkten, an denen ich etwas verändern kann.

 

11. Von welcher Positiv-Schlagzeile aus der Orchester- und Theaterlandschaft zum Thema Umweltschutz träumst Du?

„Agri-Kulturkonzert“. Musiker und Bauern kooperieren. Grenzen des etablierten Orchesterbetriebes werden gesprengt!

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