BENJAMIN JUPÉ
„Die Musik verbindet uns mit der Natur, Musik ist Natur“
Steckbrief
Aktueller Beruf / Position:
Solo Cellist, Saarländisches Staatsorchester Saarbrücken
Kurzbiografie:
Benjamin Jupé studierte Cello in Berlin und Göteborg. Neben Kammermusikprojekten, der Konzeption von Kinder- und Benefizkonzerten und seiner Lehrtätigkeit, liegt sein Fokus auf Engagements als Orchestermusiker. Seit 2010 ist er Solo Cellist am Saarländischen Staatsorchester Saarbrücken. Voran gingen Engagements als Solo Cellist im Staatsorchester Rheinische Philharmonie Koblenz (2003-06), stellvertretender Solo Cellist im Tonhalle Orchester Zürich (2006/07), Solo Cellist im Dänischen Rundfunk Nationalorchester Kopenhagen (2007), Gast-Engagements im SWR Sinfonieorchester Baden-Baden/Freiburg, im Rundfunkorchester München, im Rundfunkorchester Luxembourg, im Gürzenich Orchester Köln u.a.
Interview
von Auli Eberle
1. Hat Nachhaltigkeit in Deinem Leben schon immer eine Rolle gespielt oder gab es den berühmten Change?
Als Waldorfschüler bin ich auf dem Land aufgewachsen und hatte schon immer einen starken Bezug zur Natur. Mit Pflanzen, besonders mit Bäumen fühlte ich mich als Kind tief verbunden. Die Erkenntnis, wie sehr die Natur unter uns Menschen leidet, ließ mich dann aktiv werden im Umweltschutz. Nachdem ich mein eigenes Leben über viele Jahre so nachhaltig wie möglich gestaltet habe, wünschte ich mir mehr zu tun. So gründete ich eine Umweltschutz-Initiative an meinem Arbeitsplatz mit dem Ziel, den Umweltschutz als Aufgabe unseres Theaters stärker zu etablieren z.B. durch den Umstieg auf Öko- Strom, Mülltrennung, allgemeinem Umweltbewusstsein der Mitarbeiter und des Publikums. Außerdem habe ich mit musiciansfornature.com eine Initiative gegründet, um klassische Musik und ihre Player als Botschafter für den Erhalt der Natur zu mobilisieren.
2. Wie seid ihr als Team in Sachen Nachhaltigkeit in eurem Orchester, eurem Haus strukturiert?
Zunächst hatten wir unregelmäßige Termine mit der Geschäftsführung, der Intendanz und der Haustechnik. Wir erstellten eine lange Liste mit erforderlichen Maßnahmen, um das Haus umweltfreundlicher zu gestalten. Seit Dezember 2020 haben wir durch unsere Initiative einen Umweltschutz-Beauftragten, der monatliche Jour Fixes mit der Geschäftsführung und der Haustechnik hat. Durch die CO2-Bilanzierung durch Arqum im Rahmen eines Stipendiums durch die Kulturstiftung des Bundes und dem staatlich vorgeschriebenen Energie-Audit haben wir eine genaue Analyse der Emissionen unseres Theaters als Grundlage für die Energiesparmaßnahmen der kommenden Jahre erhalten. Nun arbeitet die Geschäftsführung mit der Haustechnik und dem Umweltschutz-Beauftragten gemeinsam an der Umsetzung der Maßnahmen. Die Dramaturgie bringt den Klimawandel auf die Bühne, im Konzertbereich bekommt der Naturbezug in der Programmgestaltung eine hohe Priorität.
3. Welche Aktivitäten plant ihr mit eurem Orchester in der nächsten Zeit?
In der kommenden Spielzeit 2021-22 wird es, so hoffe ich, ein Benefizkonzert zugunsten von Orchester des Wandels gegeben.
4. Wo siehst du das größte Potential für Klimaschutz-Maßnahmen in der Orchester- und Theaterlandschaft?
Im vernetzen Aufbau von vielseitigen künstlerischen Aktionen und technischen Veränderungen, im kollektiven Bewusstsein, dass wir etwas verändern und vielen Menschen zeigen können, was gemeinsam alles erreicht werden kann.
5. An welchen Punkten stößt du, stößt dein Orchester oder Theater an Grenzen in der Nachhaltigkeit und wie löst ihr diese Herausforderung?
Das ist kompliziert. Entscheidend ist, die Grenzen vorsichtig, aber konsequent aufzulösen, hartnäckig zu bleiben und mit klaren Zielen Partner innerhalb des Hauses/Orchesters zu finden, die mitmachen. Die Leidenschaft für den Umweltschutz kennt keine Grenzen. Manchmal muss man es aushalten, unbequem zu sein. Es kostet viel Zeit und dauert lange, aber es lohnt sich!
6. Wie hat eure Mitgliedschaft bei Orchester des Wandels das Nachdenken über Klimaschutz an eurem Orchester, eurem Haus verändert?
Durch Orchester des Wandels erhalten alle Umweltschutzmaßnahmen einen Rahmen, der uns miteinander verbindet.
7. Was möchtest du jungen Menschen in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz mit auf den Weg geben?
Eure Zukunft ist die Natur – ohne Natur können wir nicht überleben. Sucht den Kontakt zur Erde, zu Pflanzen und Tieren. Seid aktiv in der Natur und befreundet euch mit ihr. Wir sind ein Teil der Natur und können mit ihr im Einklang leben. Bewahrt eine gesunde Distanz zu der künstlichen digitalen Welt.
8. Inspiriere uns – wie gestaltest du dein Arbeits- und dein Privatleben umweltschonend?
Öko-Strom, mit Holz heizen, überwiegend Bio Lebensmittel, teils aus dem eigenen Garten. Umweltbank, Fahrradfahren auch bei Regen, Strom sparen z.B. durch Ausschalten der Geräte über Nacht. Urlaub ohne Flüge. Verschwendung reduzieren, auch in Ausnahmesituationen auf Umweltschutz achten wie z.B. auf Festen, bei Umzügen, Großveranstaltungen oder Reisen. Möglichst viel gebraucht kaufen und Dinge wieder verkaufen oder verschenken statt wegzuwerfen. Die Lebensqualität durch Reduktion erhöhen, statt immer mehr zu konsumieren.
9. Was treibt Dich an?
Unsere kollektive Verantwortung für die Tiere, die Pflanzen, die Erde, die Menschheit. Der Wunsch, am Ende meines Lebens sagen zu können: ich habe mein Möglichstes getan, um diesen fantastischen Planeten um seinetwillen und als unsere Lebensgrundlage zu erhalten.
10. Von welcher Positiv-Schlagzeile aus der Orchester- und Theaterlandschaft zum Thema Umweltschutz träumst Du?
Toll wäre, wenn man einmal lesen würde: „Die Orchester- und Theaterlandschaft Deutschlands ist die erste klimaneutrale staatliche Institution. Das Vorbild zeigt, was in kurzer Zeit möglich ist, wenn alle gemeinsam Zeit, Arbeit, Kapazitäten und Geld in den Klimaschutz investieren. Das Vorbild der Orchester und Theaterlandschaft überzeugte die Bevölkerung, die Wirtschaft und die Politik, konsequent den Umbau hin zu einem nachhaltigen Leben für alle Menschen umzusetzen. Die Theater unterstützen mit ihrem Schwerpunkt Klimaschutz im Spielplan erfolgreich ein Umdenken in der Bevölkerung, der Wirtschaft, Politik und den Medien. Die schwersten Folgen des Klimaschutzes konnten auch aufgrund der kreativen Köpfe in der Theater und Kulturlandschaft abgewendet werden. Die Kultur hat damit einmal mehr bewiesen, wie lebensnotwendig sie für die Menschheit ist.“
Jetzt wird es wirklich sehr optimistisch:
„Das kreative Potential der Menschheit, Kooperationsfähigkeit und der kollektive Wille zum Erhalt der Erde hat es ermöglicht, die Natur als Lebensgrundlage für die Menschheit zu erhalten. Die Veränderungen hin zu einem nachhaltigen Lebensstil bewirkten ein besseres Leben für alle Menschen, für die unzähligen Pflanzen und Tiere dieser wunderschönen Erde. Der Menschheit ist ihr Meisterwerk gelungen: der Klimawandel ist abgewendet, hat seinen Schrecken verloren und die Menschheit lebt endlich im Frieden in einer sozialen und gerechten Welt!“
11. Was findest Du allgemein wichtig in Bezug auf Umweltschutz?
Wir leben auf Kosten der Natur, ohne davon glücklich zu werden. Wenn wir unsere Lebensziele betrachten, lernen wir, unabhängig vom Konsum und dem unersättlichen Wunsch nach „immer mehr von Allem“ die wahren Werte im Leben zu erkennen, mit weniger zu -FRIEDEN zu sein. So fällt es uns und den meisten Menschen leichter, auf klimaschädliches Verhalten zu verzichten, die unumgänglichen Veränderungen mit zu tragen und als Gewinn für unser aller Lebensqualität zu erkennen.
Die Veränderungen werden unaufhaltsam kommen, es gibt kein „Weiter so“. Wir können extreme Veränderungen wie durch die Corona-Krise nicht mehr verhindern, aber noch ist Zeit, an wesentlichen Stellschrauben die Richtung zu beeinflussen. Die Kultur hat eine Schlüsselfunktion im Erhalt der positiven menschlichen Werte, die Musik verbindet uns mit der Natur, Musik ist Natur.
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