Stellungnahme zur Petition auf Change.org

gegen die Klassifizierung von Fernambukholz in Anhang 1 von CITES

Wir vom Verein Orchester des Wandels e.V. unterstützen die Aufrufe zur Zusammenarbeit aller Beteiligten, um die Situation des Fernambukholzes (Paubrasilia echinata) zu verbessern. Brasilien sieht diese Art, die seit mehr als 200 Jahren für den Bau hochwertiger Streichbogen verwendet wird, als zunehmend bedroht an. Für Musikerinnen und Musiker würde eine Hochstufung auf den Anhang 1 (Europa Anhang A) des Washingtoner Artenschutzabkommens CITES massive Auswirkungen haben. Reisen sind zwar weiterhin möglich, werden aber durch einen erheblichen organisatorischen Mehraufwand komplizierter. Auch für den Handel mit Bögen und den Bogenbau werden strengere Regeln gelten.

Als Musikerinnen und Musiker ist es uns wichtig, alle Überlegungen zu diesem Thema einzubeziehen. Fernambuk ist der brasilianische Nationalbaum (Pau Brasil = Baum Brasiliens) und steht hier auch stellvertretend für über 500 Jahre Kolonialismus, Ausbeutung und Vernichtung traditioneller Kulturen und indigener Völker. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung für die Farbgewinnung in Europa und später auch genutzt für den Streichbogenbau, teilte Fernambuk die Geschichte seiner Herkunftsregion Mata Atlantica an der Ostküste Brasilien: Waldverlust durch Abholzung, Besiedelung, Umwidmung in Farmland oder Monokulturen (Eukalyptus, Zuckerrohr, Kakao und Kaffee). 
Wenn wir zu Recht auf unsere musikalische Kultur stolz sind, müssen wir ebenso anerkennen, dass diese auch auf der Ausbeutung anderer Kulturen und der Umwelt in den Herkunftsländern beruhte und immer noch beruht.
Wie in vielen Bereichen stehen beim Fernambukbaum Kultur und Natur im Widerstreit.
 
Als Musikerinnen und Musiker, die sich für Umwelt engagieren, ist uns bewusst, dass kein angepflanzter Baum einen gefällten Baum in seinem natürlichen Habitat ersetzen kann. Kein angepflanzter Wald kann einen Naturwald ersetzen. Auch die Nutzung einer Baumart in Plantagen oder Mischwäldern setzt eine stabile Population in der Natur als verlässliches Gen-Reservoir voraus.
Der Schutz durch Nutzung ist mittlerweile für viele Umweltorganisationen ein anerkannter Ansatz zum Erhalt von Arten. Brasilianische Stiftungen, Privatpersonen, Bogenmacher vor Ort und international, haben schon vor 60 Jahren begonnen, Fernambuk anzupflanzen. In botanischen Gärten, in Parks, Alleen und Privatgärten wurde der Nationalbaum Brasiliens heimisch. Seit 20 Jahren pflanzen Bogenmacher Fernambuk in Monokulturen, meist in Kombination mit Kakao und manchmal auch in gemischten Nutzwäldern, immer mit dem Ziel einer späteren Nutzung. Die CITES-Regularien ermöglichen ausdrücklich die Nutzung von „künstlich gezogenen Exemplaren“, also des Holzes entsprechend angepflanzter und registrierter Bäume. 
 
Trotz dieser Nutzwälder wurden wiederholt in Brasilien mutmaßlich illegal gerodete Hölzer und daraus gefertigte Bögen beschlagnahmt. Die zuständige brasilianische Bundesbehörde IBAMA sowie Organisationen wie IUCN (Rote Liste der bedrohten Arten) und TRAFFIC stufen die Population des Paubrasil als sehr bedroht ein. Es besteht die Sorge, dass auch weiterhin Fernambukbäume illegal aus der Natur entnommen und verarbeitet werden.
 
Hier sehen wir die unabdingbare Notwendigkeit zur Zusammenarbeit zwischen der brasilianischen Zivilgesellschaft, brasilianischen und internationalen Behörden, Umweltschutzorganisationen, Instrumentenbauern und dem internationalen Kulturbetrieb.  Gemeinsam müssen die Schutzgebiete in der Mata Atlantica stabilisiert und vergrößert und illegale Entnahmen aus den Wäldern gestoppt werden.  Darüber hinaus braucht es transparente Regelungen für die nachhaltige Nutzung dieses wunderbaren Holzes, in denen die Notwendigkeit zum Schutz des Fernambuk enthalten ist, sowie praktikable Regelungen für Musiker und Streichbogenbauer.
Die Weiterentwicklung des Musikinstrumentenpasses (MIP) dahingehend, dass Grenzüberschreitungen wie bei Personalausweisen ohne zwingende Dokumentationspflicht (Stempel) möglich werden, wäre eine gute Grundlage bürokratischen Aufwand zu begrenzen und das Reisen von Musikern und Orchestern mit Streichbögen aus Fernambukholz unkompliziert zu gestalten. 
 
Als Verein empfehlen wir, die Petition auf change.org zu unterzeichnen, um die Problematik einer Höherstufung für uns Musikerinnen und Musiker deutlich zu machen und praktikable Lösungen zu finden. Für das OdW als Zusammenschluss von Musikerinnen und Musikern, die sich für die Natur engagieren, steht der Erhalt der Wildpopulation des Fernambuks an erster Stelle.

Hierzu möchten wir einen Beitrag leisten. Wir bemühen uns derzeit, förderungswürdige Projekte in der Mata Atlantik und entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten zu finden - unabhängig von der zukünftigen Einstufung bei CITES.


ORCHESTER DES WANDELS E.V.
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